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Seegeschichten vom Altmühlsee Folge 3

"Teamgeist statt Egotrip"

Auf Zeitreise im Römerboot mit Wolfgang Wilsch und Christof Schindler“


Altmühlsee, Samstagvormittag. Die Sonne spiegelt sich auf dem Wasser, eine
leichte Brise weht durch die Bootswerft am Seezentrum Schlungenhof. Kein
Tonband läuft, kein Greenscreen flimmert – hier wird Geschichte gebaut, nicht
nur erzählt.


Willkommen zur dritten Folge unserer Reihe Altmühlsee-Geschichten!
Diesmal mit zwei echten Zeitreisenden: Wolfgang Wilsch und Christoph
Schindler, Studierende der Alten Geschichte an der FAU Erlangen, römische
Bootsbauer aus Leidenschaft und Männer der Tat.


Wo Wissenschaft auf Wasser trifft: Wer glaubt, römische Geschichte sei etwas
für staubige Hörsäle und trockene Bücher, hat noch nie ein antikes
Kriegsschiff auf dem Altmühlsee manövriert. Die beiden Geschichts-
Architekten der Uni Erlangen nehmen uns mit in eine Welt aus Holz, Wasser
und unbeirrbarem Teamgeist. „Es war eine Seminararbeit über die römische
Armee“, erinnert sich Wilsch, „dann ein Modell, eine Bachelorarbeit – und
plötzlich standen wir am See mit einem Boot.“


Was folgte, ist eine akademische Evolution mit echtem Wellengang: Zwei
Schiffe, eines aus dem ersten, eines aus dem vierten Jahrhundert,
originalgetreu nachgebaut – inklusive 24 Ruderplätzen, archäologischer
Detailverliebtheit und einem unbestechlichen Offizierston. Willkommen an
Bord.


„Es ist ein Kriegsschiff – wir feiern, tu, was man dir sagt.“ Klingt hart? Ist es
auch – ein bisschen. Denn wer auf ein Römerboot steigt, bekommt kein
Prosecco-Deck und auch keine Liege mit Ausblick, sondern einen Riemen in
die Hand. Und dazu klare Ansagen vom „Praeco“, dem antiken Schreihals
als Steuermann – meist Christof Schindler. „Selfies, Ausreden und
Solonummern? Fehlanzeige. Auf dem Römerboot zählt nur das
gemeinsame Ziel.“


„Hier geht’s nicht um Wellness, sondern um Zusammenhalt“, erklärt er. Ob
Schulklasse oder Vorstandsteam: Wer rudert, muss rudern. Keine Ausreden,
kein Drücken, kein „ich muss kurz was posten“. Und wer nicht auf Takt rudert,
bleibt im Hafen. Oder noch schlimmer – treibt ziellos über den See. Das ist
Teambuilding auf die römische Art – und das funktioniert.


Donau vs. See: Der Strom macht den Unterschied? „Die Donau hilft dir“, sagt
Wilsch. „Der See sagt: Mach’s selbst.“ Das macht den Altmühlsee zum idealen
Trainingslager für Historienkapitäne – strömungsarm, übersichtlich, aber
windanfällig. Ein Ort, der fordert, aber nicht überfordert. Perfekt also, um
Geschichte zu erfahren, ganz ohne VR-Brille.


Geschütze, Wikinger und andere Missverständnisse: Natürlich haben sie auch
einen Lieblings-Running-Gag: „Wo ist der Trommler?“, fragt jeder Dritte.
„Sind das Rudersklaven?“ „Ist das ein Wikingerboot?“ – drei Klischees sind
frei, dann wird’s teuer. Aber mit einem Augenzwinkern erklären die beiden,
was wirklich Sache ist: Die Römer waren Logistik-Genies. Ihre Flussboote
waren Patrouillenfahrzeuge, Zollsicherer, Truppentransporter – und der Limes
war eben nicht nur Grenze, sondern Lebensader.


Was dabei herauskommt, wenn man zwei Historiker spontan nach ihrem
Bauchgefühl fragt? Herrlich Authentisches: Lieblingsplatz am See? „Im Bug.
Als Bordoffizier. Und beim Geschützetesten.“ Ohne was wäre der Tag als
Legionär undenkbar? „Vernünftige Schuhe.“ Was ist das Schönste am
Römerbootfahren? „Dass alles schiefgehen kann – und dann trotzdem alles
richtig läuft.“ Ein Erlebnis, das bleibt? „Zwei Boote, Segeltest, Wettrennen.
Römer Deluxe.“ Wie viele Boote in zehn Jahren? „Immer eins mehr, als wir
denken.“


Und was bleibt hängen? Der Altmühlsee ist kein Museum. Er ist ein Spielplatz
für Geschichtsbegeisterte, ein Testfeld für Teamgeist und ein Erlebnisraum
mit echtem Mehrwert. Die Römerbootswerft zeigt: Regionale Identität muss
nicht in Bronze gegossen werden – sie kann auf Holz schwimmen.
Also: nächster Betriebsausflug? Schulprojekt? Teambuilding? Einfach mal
römisch rudern – und erleben, wie der Teamgeist den Egotrip über Bord wirft.


Infos und Buchung z. B. unter: www.altmühlsee.de – Stichwort „römische
Nachmittage“. Der Praeco wartet schon.

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